Engel wider Willen – die Welt der Kastraten

Arno Raunig der Kastrat mit dem gleichen Stimmumfang wie der legendäre Carlo Broschi (gen. Farinelli) von mehr als dreieinhalb Oktaven! – singt die bedeutendsten Bravourarien der Kastraten. Die Schlußarien des Konzertes werden in Kostüm und Maske der Gérard Corbiau Verfilmung “Farinelli” dargeboten.

Moderationsauszug: “Es gibt einen Gott und es gibt einen Farinelli”, hauchten die Damen der Londoner Gesellschaft der Ohnmacht nahe wenn der Italiener, der auch diesem heutigen Abend seinen Namen geliehen hat, einer der raffinierten Arien von Johann Adolf Hasse sang, dessen Ouvertüre zur Oper “Artaserse” sie eben hörten.

Farinelli diesen Namen verbinden heute viele Opern Freunde mit dem gleichnamigen Film, der versuchte, das Leben eines berühmten Kastraten nachzuzeichnen. Mit der historischen Wahrheit haben es die Produzenten allerdings nicht so ganz genau genommen.

Das fängt bei der Tatsache an, dass Farinellis Arien von einer Frau, einer Sopranistin gesungen wurden, und gipfelt in dem etwas mühsam stilisierten Drama, dass ein Kastrat für das Liebesbett einer Frau untauglich gewesen sein soll. Offensichtlich im Gegenteil. Denn im 17. und 18. Jahrhundert galten bei den Damen des Adels gerade die hübschen Kastraten mit den knabenhaften Gesichtern als begehrte Liebhaber. Sie standen für Vergnügen ohne Reue ohne unerwünschten Kindersegen. Ob auch Farinelli seinen schönen und reichen Verehrerinnen über die Musik hinaus beglückt hat, wissen wir nicht. Doch auch ohne dieses Wissen ist die Karriere des Sängers märchenhaft. Als Carlo Broschi wurde er am 21. Januar 1705 im apulischen Andria geboren. In Neapel nahm er bei dem legendären Kastraten Produzenten Niccolo Porpora Gesangsunterricht und nahm, wie es in seinem Künstlerberuf üblich war, einen Künstlernamen an.

Als Farinelli auch Farinello nennt er sich zuweilen gab er 1721 in Rom sein Operndebüt und reiste von nun an durch ganz Europa. Er gastierte in den Opernzentren Italiens, in Wien, in München bis er sich 1734 in London niederließ. Gewiss, London war vor allem finanziell attraktiv für italienische Sänger, aber Farinelli folgte diesmal wohl auch dem Ruf seines Lehrers Porpora, der in der Hauptstadt des englischen Königreichs das mit Händel konkurrierende Opernhaus leitete. Mit Hasses Oper “Artaserse” wird Farinelli vom Premierenabend an zum Stadtgespräch und zum verwöhntesten Sänger der Zeit. Farinellis Koloraturen, Triller und sonstige Gesangskunststückchen wurden mit Diamanten und barem Geld vergoldet.

EVIVA FARINELLI